Heuschrecken im Oldenburger Land
Von Dr. Klaus Taux
Allgemeines
Heuschrecken gehören aufgrund ihrer hoch entwickelten Gesänge zu den auffälligsten Insekten. Sie besiedeln unterschiedliche, vorwiegend extensiv genutzte Lebensräume wie trockene bis frische Wiesen, Feucht- und Sumpfwiesen, Weg- und Feldränder, offene Sandböden und Magerrasen, Heideflächen, Moore, Hecken, Graben-, Gebüsch- und Waldränder, Sträucher und Bäume. Einige Arten leben auch in Gebäuden und Gewächshäusern. Die Besiedlungsräume sind oft durch Besonderheiten des Kleinklimas, der Bodenverhältnisse und der Vegetationsstruktur gekennzeichnet.
Aufgrund ihrer engen Bindung an spezifische Biotopstrukturen eignen sich zahlreiche Arten als gute Bioindikatoren, die den Zustand, die Belastbarkeit oder Veränderung der Umwelt bzw. deren Komponenten anzeigen. Der Gesang ist typisch artspezifisch. Es singen, zirpen oder stridulieren fast nur die Männchen. Laubheuschrecken und Grillen reiben die Vorderflügel aneinander. Feldheuschrecken reiben die Hinterschenkel an den Vorderflügeln. Die Tonhöhe reicht bis 10 000 Herz oder noch etwas darüber. Das Hörorgan liegt bei den Laubheuschrecken und Grillen unter dem Knie in den Schienen des ersten Beinpaares, bei den Feldheuschrecken an den Seiten des ersten Hinterleibsringes. Dornschrecken besitzen keine Stridulations- und Hörorgane.
Literatur
STRESEMANN, E. (1978): Exkursionsfauna. Volk und Wissen Volkseigener Verlag, Berlin.
BELLMANN, H. (1985): Heuschrecken, beobachten, bestimmen. Verlag J. Neumann, Neudamm.
Spezielles
In Niedersachsen gibt es etwa 45 bis 50 gegenwärtig lebende (rezente) Heuschreckenarten. Etwa 30 Arten davon sind auch in Nordwest-Niedersachsen beobachtet worden. Bei zahlreichen Exkursionen und biologischen Untersuchungen habe ich bisher im Oldenburger Land 25 Heuschrecken- Arten festgestellt. Mit der folgenden Artenliste sollen Hinweise zur Verbreitung und Ökologie dieser faszinierenden Insekten gegeben werden.
Laubheuschrecken und Grillen
Gemeine Eichenschrecke
Meconema thalassinum
Meist auf Bäumen und Sträuchern, mitunter auch an Gebäuden beobachtet. In und um Oldenburg verbreitet und an vielen Stellen festgestellt.
Kurzflügelige Schwertschrecke
Conocephalus dorsalis
Hygrophile Art. Lebensraum: Feucht- und Nasswiesen, Moorgebiete, Gräben, Röhrichte und Rieder. Verbreitet und oft festgestellt.
Großes Heupferd
Tettigonia viridissima
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Großstaudenbestände, Hecken, Gebüsche, Waldränder, Ödland, Getreide, Mais- und Kartoffeläcker, Gärten etc. Verbreitet und häufig.
Zwitscher-Heupferd
Tettigonia cantans
Mesophile bis hygrophile Art. Lebensraum: An Graben und Bachufern, in feuchten Wiesen und Staudenfluren, d. h. überwiegend auf Böden mit hohen Grundwasserbeständen beobachtet. Zahlreich im Delmetal bei Wiggersloh, Brookseite östlich B 212, und im Grenzbereich der Landkreise Oldenburg und Wesermarsch zwischen Hohenböken und Ochsenweide.
Gemeine Sichelschrecke
Phaneroptera falcata
Wärmeliebende Art, die sich von Süden kommend nach Norddeutschland ausbreitet. Lebensraum: Gehölzbestandene Trockenrasen, Sandabbauflächen, Wegraine. Bisher einmal festgestellt: Schwarzes Moor bei Westerburg, auf locker mit Jungbirken bestandener sonnenexponierter Moorheide.Einmal beobachtet: 2018 in jungen Birken, Schwarzes Moor.
Laubholz-Säbelschrecke
Barbitistes serricauda
Laubholz-Säbelschrecken bevorzugen warme Lebensräume. In klimatisch begünstigten Gebieten Süddeutschlands kommen sie in größerer Zahl vor. Sie erweitern jedoch offenbar ihr Verbreitungsgebiet Richtung Norden und sind jetzt auch gelegentlich in Nordwest-Niedersachsen im Oldenburger Land zu beobachten. Bisher zweimal beobachtet: 2020 Pestruper Heide, 2023: In Feldahornbaum Süden der Stadt Oldenburg.
Gewöhnliche Strauchschrecke
Pholidoptera griseoaptera
Euryöke Art (Ubiquist).Lebensraum: Wald- und Gebüschränder, Waldlichtungen, Hecken, Stauden, unter Gesträuch. Im Oldenburger Land verbreitet, lokal häufig.
Kurzflügelige Beißschrecke
Metrioptera brachyptera
Mesophile bis hygrophile Art (Ubiquist). Lebensraum: Heide- und Pfeifengrasbestände, Halbtrockenrasen, feuchte Wiesen, Wald- und Moorränder. Zerstreut und meist in geringer Zahl festgestellt, z. B. Holler Moor, Engelsches Moor, Bisseler Sande, Spascher Heide.
Roesels Beißschrecke
Metrioptera roeseli
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Wiesen, Trockenrasen, Staudenfluren, Röhrichte, Pfeifengrasbestände. An zahlreichen Orten, z. B. Urneburg, Wiggersloh, Holzkamp, Sager Heide, Nutteler Moor, am Almsweg-Wzg, Bisseler Sande.
Hausgrille, Heimchen
Acheta domesticus
Thermophile Art. Lebensraum: In beheizten Räumen, in Backstuben, im Sommer auch in Mauerritzen, auf Mülldeponien etc. Bis zum Jahr 2000 zahlreich auf der Mülldeponie in Oldenburg-Osternburg sowie in und an Gebäuden in Nähe der Deponie. Die Deponie ist jetzt geschlossen und abgedichtet.
Dornschrecken
Säbel-Dornschrecke
Tetrix subulata
Hygrophile Art. Lebensraum: Feuchtgebiete, Lehm- und Tonböden in Ziegeleigruben. Bisher nur in der Ziegeleigrube von Steinkimmen festgestellt.
Gemeine Dornschrecke
Tetrix undulata
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: In Wiesen, Mooren, Heide- und Sandgebieten, auf Kahlschlägen etc. Im Oldenburger Land verbreitet, lokal häufig.
Feldheuschrecken
Blauflügelige Ödlandschrecke
Oediopda caerulescens
Xero- und thermophile Art. Lebensraum: Sandtrockenrasen, sandiges Ödland. Auf Wesersänden bei Warfleth, Ritzenbüttel und Ochtum und auf dem Truppenübungsplatz Neu-Osenberge.
Sumpfschrecke
Stethophyma grossum (= Mecosthetus grossus)
Hygrophile Art. Lebensraum: Sumpf- und Feuchtwiesen, Seggenrieder, Graben-, Teich- und Seeufer. Zerstreut bis verbreitet, an zahlreichen Orten festgestellt. Besonders individuenreiche Bestände in den Auen des Delmetals, an der Lethe, im Moorschlatt Hengsterholz, am Schwadinger Hellmer Brookseite, am Almsweg-Wzg.
Große Goldschrecke
Chrysochraon dispar
Mesophile bis Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Wiesen, Staudenfluren. Vorkommen: Hunteniederung östlich Iprump LK Oldenburg, im Grenzbereich der Landkreise Oldenburg und Wesermarsch zwischen Hohenböken und Ochsenweide, zahlreich im Bereich Brookseite Wesermarsch, Jadebusen Ostaußengroden Wesermarsch.
Kleiner Heidegrashüpfer
Stenobothrus stigmaticus
Xero- und thermophile Art. Lebensraum: Warme, kurzgrasige Stellen, trockene Wiesen und Sandheiden. Zerstreut auf dem Pestruper Gräberfeld, in Glaner Heide, Sager Heide, Bisseler Sände, Hengstlager Höhe.
Bunter Grashüpfer
Omocestus viridulus
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Frische und feuchte Grasfluren, Heidegebiete, Moorränder, Wiesen. Verbreitet und zahlreich. Gehört zu den häufigsten Grashüpfern im Oldenburger Land.
Buntbäuchiger Grashüpfer
Omocestus rufipes (= ventralis)
Mesophile bis hygrophile Art. Lebensraum: Frische und feuchte Heide, Moorränder. Zerstreut in Holler Moor und Witte Moor beobachtet.
Feld-Grashüpfer
Chorthippus apricarius
Thermophile bis mesophile Art. Lebensraum: Böden mit sommertrockener Vegetation, Trockene Wiesen und Äcker. Zahlreich im Bereich Brookseite Wesermarsch östlich der B 212, zerstreut bis zahlreich im Grenzbereich der Landkreise Oldenburg und Wesermarsch zwischen Mönchhof und Ochsenweide.
Steppen-Grashüpfer
Chrthippus vagans
Xero- und thermophile Art. Lebensraum: Binnendünen, trockene lichte Kiefernwälder, Heide, Ödland. Im Jahr 1995 auf dem Wachtberg in Sage 10 Männchen gezählt, jetzt nicht mehr nachzuweisen.
Brauner Grashüpfer
Chorthippus brunneus
Thermophile bis mesophile Art. Lebensraum: Trockenwarme Wegränder, Sandfluren, vegetationsarme Flächen, Kahlstellen. Im Oldenburger Land verbreitet und zahlreich.
Nachtigall-Grashüpfer
Chorthippus biguttulus
Thermophile Art. Lebensraum: Kurzgrasige Wiesen, Wegränder, Trockenrasen, vegetationsarme Flächen. Verbreitet und zahlreich. Gehört zu den häufigsten Grashüpfern im Oldenburger Land.
Verkannter Grashüpfer
Chorthippus mollis
Xero- und thermophile Art. Lebensraum: Trockenwarme Sandrasen, Wegränder, Heideflächen. Verbreitet und oft zahlreich an vielen Orten.
Weißrandiger Grashüpfer
Chorthippus albomarginatus
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Grasfluren, Wiesen, Moore, Heidegebiete. Verbreitet und zahlreich. Gehört zu den häufigsten Grashüpfern im Oldenburger Land.
Wiesen-Grashüpfer
Chorthippus dorsatus
Mesophile bis hygrophile Art. Lebensraum: Trockene bis feuchte Wiesen, Wegränder. Zerstreut, an vielen Orten.
Gemeiner Grashüpfer
Chorthippus parallelus
Euryöke Art (Ubiquist). Lebensraum: Wiesen, Wegränder, Heidemoore, Pfeifengrasrasen. Im Oldenburger Land verbreitet und oft zahlreich.
Sumpfgrashüpfer
Chorthippus montanus
Hygrophile Art. Lebensraum: Feucht- und Sumpfwiesen. Zerstreut, z. B. im Delmetal, Lethetal, Huntetal, Moorschlatt Hengsterholz.
Gefleckte Keulenschrecke
Myrmeleotettix maculatus
Xero- und thermophile Art. Lebensraum: Trockenrasen, Heiden, Ödland, Kurzgrasige Wiesen. Im Oldenburger Land verbreitet und zahlreich.